Art 6 Abs 2 EMRK : Jede Person, die einer Straftat
angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis
ihrer Schuld als unschuldig.
Art 6 Europäische Menschenrechtskonvention
Recht auf ein faires Verfahren
Der A n g e s c h u l d i g t e, gegen den das
Verfahren ohne Verurteilung abgeschlossen wird,
gilt o h n e R ü c k s i c h t auf die Stärke des
verbleibenden Tatverdachts als u n s c h u l d i g.
(Art 6 II EMRK)
(Meyer-Goßner/Schmitt StP0 63. Aufl. 2020 § 467 Rn1)
Die M i t t e i l u n g der Staatsanwaltschaft Rostock vom
29. September 2016 verletzt, soweit sie in ihren Gründen eine Schuldfeststellung enthält, den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip.
Sie wird mit ihren Gründen aufgehoben.
RN 11) Die U n s c h u l d s v e r m u t u n g ist eine besondere Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips und hat damit Verfassungsrang. Sie ist auch kraft Art. 6 Abs. 2 EMRK Bestandteil des positiven Rechts der Bundesrepublik Deutschland im Range eines Bundesgesetzes (vgl. BVerfGE 19, 342 <347>; 74, 358 <370>; 82, 106 <114>).
RN 12) Festlegungen zur Schuld zu treffen, Schuld auszusprechen und Strafe zuzumessen, ist den Strafgerichten erst erlaubt, wenn die Schuld des Angeklagten in einem mit rechtsstaatlichen Verfahrensgarantien ausgestatteten,
bis zum prozessordnungsgemäßen Abschluss durchgeführten Strafverfahren nachgewiesen ist (vgl. BVerfGE 74, 358 <372>; 82, 106 <115>).
RN 14) Wird ein Strafverfahren e i n g e s t e l l t, b e v o r die Hauptverhandlung bis zur Schuldspruchreife durchgeführt worden ist, so fehlt es an der prozessordnungsgemäßen Grundlage für eine Erkenntnis zur Schuld…
RN 16) Die Formulierung „Ihr Mandant hat sich durch sein Verhalten einer Straftat schuldig gemacht“, lässt sich nicht mehr als gebotene Beschreibung einer Verdachtslage verstehen.
... Dies wird auch dadurch unterstrichen, dass im Folgesatz das „Verschulden“ des Beschwerdeführers als „nicht groß“ bewertet wird.
RN 17) Die Mitteilung vom 29. September 2016 an den Verteidiger des Beschwerdeführers ist daher mit ihren Gründen aufzuheben und die Sache an die Staatsanwaltschaft Rostock zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 589/79 - B. v. 26.03.1987
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 1326/90 - B. v. 16.01.1991
B E R I C H T DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT über die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/343 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über die Stärkung bestimmter Aspekte der Unschuldsvermutung und des Rechts auf Anwesenheit in der Verhandlung in Strafverfahren
Mit der Richtlinie (EU) 2016/343 über die Stärkung
bestimmter Aspekte der Unschuldsvermutung und
des Rechts auf Anwesenheit in der Verhandlung in
Strafverfahren (im Folgenden „Richtlinie“) soll das
Recht auf ein faires Verfahren in Strafverfahren
gestärkt werden, indem gemeinsame
Mindestvorschriften für bestimmte Aspekte der
Unschuldsvermutung und das Recht auf Anwesenheit
in der Verhandlung festgelegt werden.
Die Richtlinie ist das vierte Instrument, das auf der
Grundlage von Artikel 82 Absatz 2 Buchstabe b des
Vertrags über die Arbeitsweise der
Europäischen Union (AEUV) 3 angenommen wurde.
Dieser bildet die Rechtsgrundlage für den Erlass von
Mindestvorschriften über „die Rechte des Einzelnen im
Strafverfahren“.
Die Richtlinie gilt in 25 Mitgliedstaaten.
Gemäß Artikel 5 Absatz 1 sind die Mitgliedstaaten
verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu
ergreifen, um sicherzustellen, dass Verdächtige und
beschuldigte Personen vor Gericht oder in der
Öffentlichkeit n i c h t durch den Einsatz von
physischen Zwangsmaßnahmen so dargestellt
werden, als seien sie schuldig.
In einigen Mitgliedstaaten ist in Gerichtssälen die Nutzung
von
G l a s k ä s t e n
verbreitet ...
(Bericht der Kommission 3.2.2 - Art 5 Abs 1)